Der Adel (althochdeutsch adal oder edili ‚Edles Geschlecht, die Edelsten‘, lateinisch nobilitas) versteht sich selbst als eine „sozial exklusive Gruppe mit gesellschaftlichem Vorrang“, die Herrschaft ausübt und diese in der Regel innerfamiliär (als Adelsgeschlecht) tradiert. Eine Klarheit des Begriffs gibt es allerdings nicht und in den einzelnen europäischen Herrschaftsbereichen gelten bzw. galten unterschiedliche Kriterien, wer zum Adel gehört und wer nicht. Noch viel mehr gilt dies für außereuropäische Kulturkreise. Ein Angehöriger des Adels wird als Adeliger, Edelfrau, Edelfräulein oder Edelmann bezeichnet.
Der Herrschaftsanspruch des Adels gründete sich unter anderem auf Leistung, Erziehung und Abstammung sowie unterstellte göttliche Absicht. Führungsschichten in den verschiedenen Kulturen der Welt und in unterschiedlichen Gesellschaften werden als Adel gedeutet. Der Adel war trotz zum Teil sehr langer Phasen der Kontinuität immer wieder Veränderungen ausgesetzt. Er konnte zusammenbrechen, wie der spätrömische Adel, oder sich neu bilden. In vielen Ländern der Welt hält der Adel seine ehemals umfangreiche und exklusive politische Macht nicht mehr in den Händen, ist zum Teil sogar nicht mehr existent (z. B. China), nicht einmal mehr als nach außen wahrnehmbare soziale Gruppe. Gleichzeitig gibt es viele Staaten, die von adeligen Häusern regiert oder repräsentiert werden und in denen der Adel eine wichtige Rolle spielt – von Großbritannien bis Kambodscha.
In Europa kennt die Archäologie früheste Zeugnisse, die als solche adeligen Lebens gedeutet werden, vor allem Grabfunde und Reste ehemaliger Villen und Burgen. Antike griechische, römische, aber auch z. B. etruskische Führungsschichten werden als Adel aufgefasst. Im Mittelalter hat sich der Adel aus römischen und germanischen, ethnisch gesehen teilweise auch aus slawischen Wurzeln zu einer „multifunktionalen Elite“ entwickelt, die politisch und militärisch, ökonomisch, sozial, kulturell und religiös führte, allerdings nicht zwingend als „Adel“ zu deuten ist.
Der europäische Adel hat sich etwa ab dem 11./12. Jahrhundert in der Regel ständisch organisiert. In solchen ständischen Systemen gelten für den Adel bestimmte Rechte, Privilegien, Pflichten und Verhaltenskodizes. Mit der Ablösung der ständischen durch demokratische, sozialistische oder kommunistische Systeme oder konstitutionelle Monarchien hat der Adel in Europa seine politische Bedeutung größtenteils verloren.
Die rechtliche wie gesellschaftliche Situation des Adels gestaltet sich historisch je nach Region äußerst unterschiedlich: Vom prinzipiellen Verbleib der Standesunterschiede (z. B. Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland) über die Aufhebung der Standesvorrechte und -pflichten (z. B. Weimarer Republik) und seine Abschaffung (z. B. Österreich) bis hin zur Auslöschung durch Verfolgung, Vertreibung, Inhaftierung oder Ermordung (z. B. Frankreich, Russland, SBZ/DDR).
In Europa stellt der Adel heute dennoch mitunter eine relativ geschlossene soziale Schicht mit eigenen Lebensweisen, Umgangsformen und einem differenzierten Standesethos dar.
Allgemein
Oft wird behauptet, Adel sei „ein universalgeschichtliches Phänomen, das sich bereits in den frühen Hochkulturen findet.“, von den Pharaonen Ägyptens über den Adel Mesopotamiens, die attischen Eupatriden, die byzantinische und römische Aristokratie, den japanischen und chinesischen oder den arabischen Adel über den spätrömischen Senatorenadel, der die Brücke bilde zum europäischen Adel des Mittelalters usw., bis zum modernen neuzeitlichen Adel. Diese Aussage ist jedoch umstritten. Tacitus schreibt, es habe einmal eine Zeit gegeben, in der alle Menschen gleich waren, und dass vererbte Herrschaft erst entstand, „als die Gleichheit verloren ging“ (Tacitus, Annales 3,26). Spätestens in der Renaissance fing man an, zu diskutieren, was „adelig“ und „Adel“ sei und eine „seit jeher“ gegebene Vorherrschaft des Adels wurde in Frage gestellt. Wo keine schriftlichen Quellen vorliegen, weisen archäologische Funde überaus reicher Grabausstattungen, die neben einfachsten stehen, auf gesellschaftliche Führungsschichten hin. Archäologen sprechen im Zusammenhang mit reichster Grabausstattung von „Fürstengräbern“, ohne – mangels schriftlicher Quellen – etwas über die Herrschaftsstruktur aussagen zu können.
Die Behauptung, alle als vorindustrielle Hochkulturen bezeichneten Gesellschaften wiesen eine Adelsschicht auf, ist nicht hinreichend belegbar; Adel wird oft von andersartigen Führungsschichten nicht hinreichend unterschieden. Daraus ergibt sich eine so starke Heterogenität des Adelsbegriffs, dass die genaue Definition von Adel nur mit Blick auf eine bestimmte Region und einen bestimmten Zeitraum geliefert werden kann. Fraglich ist auch, ob die scheinbar ununterbrochene Kontinuität „des Adels“ in Europa zwischen Römischem Reich und Zweitem Weltkrieg tatsächlich eine Einheit darstellt, ob sie in Hinsicht auf Prestige konstruiert wurde oder ob es sich um eine soziale Position handelt, die sich mit jeder Generation auch inhaltlich wandelt.
Der Adel hebt sich in der Regel zunächst durch einen höheren Einfluss auf das öffentliche Geschehen, u. a. in Form einer militärischen Überlegenheit oder Leistung (Schwertadel, Rittertum, Samurai, Amtsadel) und höherem wirtschaftlichen Potential, zumeist in Form von Grundbesitz (z. B. römisches Patriziat), von der gesellschaftlichen Umgebung ab. Daraus ergibt sich der Anspruch, diese auch politisch zu dominieren. Diese gehobene Stellung ist – unabhängig von der ökonomischen Grundlage – zumeist erblich, woraus sich eine zentrale Bedeutung der Familie ergibt.
Spezielle adelige Erziehung sollte schon seit der Kindheit möglichst umfassend auf das Tragen militärischer, politischer, gesellschaftlicher und kultureller Verantwortung vorbereiten (vgl. „Adel verpflichtet“). Dies basiert auf der Idee der Aristokratie, also dem Bestreben nach einer Herrschaft der Besten bzw. Geeignetsten, die sich am Gemeinwohl orientiert. Ausschlaggebend sei dabei neben der Tüchtigkeit auch die Tugendhaftigkeit der Person, was sich in Europa u. a. im christlichen Ideal ritterlicher Tugenden niederschlage. Entsprechendes galt auch für das Ideal des gerechten Herrschers (vgl. etwa fír flathemon) bzw. eines aufgeklärten Absolutismus.
Aus der Idee der Aristokratie resultierte auch der Aufstieg bzw. die Erhebung besonders tüchtiger und tugendhafter Personen in einen Adelsstand. Es war dem Adel, meist – regional unterschiedlich – dem Höchstrangigen, dem König oder Kaiser, aber in einigen Ländern auch Herzögen und anderen Fürsten vorbehalten, Nichtadelige in den Adelsstand zu erheben (Dienst- oder Amtsadel), z. B. im Heiligen Römischen Reich seit Kaiser Karl IV. Der Herr und Monarch wiederum leitete seinen Herrschaftsanspruch von einer göttlichen Gnade oder Vorbestimmung ab, seine Herrschaftswürde durch Erbe (Erbmonarchie), Wahl (Wahlmonarchie) oder gar Prophezeiung (vgl. etwa tarb-feis) oder bestimmte Zeichen und Prüfungen (vgl. etwa Artussage, Lia Fáil) erlangt zu haben.
Allgemein wurde Herrschaft in unterschiedlichen Weltregionen, neben einer alten Abstammung von verdienten, berühmten, mythischen oder göttlichen Vorfahren, auch mit einer als besonders angenommenen Beziehung zu den Göttern (Priesteradel), einer besonderen Sakralität des Herrschers bzw. der Herrscherdynastie (Königsheil) oder gar einer Vergötterung des Herrschers (Gottkönig) legitimiert.